
eingriffeliger Weißdorn
crataegus
Rosengewächse - roseaceae
Im Frühling, etwa von Mai bis Juni, zeigt sich der Weißdorn in seiner vollen Pracht. Als Strauch oder kleiner Baum fällt er durch seine frühen, üppigen Blüten und seine langen, scharfen Dornen auf. Die einheimischen Arten können bis zu sechs bis acht Meter hoch wachsen. Die drei- bis fünf-lappigen, ovalen Blätter sind stark eingekerbt und verleihen dem Gehölz ein charakteristisches Erscheinungsbild. Während der Blütezeit schmückt sich der Weißdorn mit zahlreichen weiß-rosa Blüten, die aus fünf Blütenblättern bestehen. Im Herbst folgen die leuchtend roten Früchte, etwa einen Zentimeter groß und apfelförmig – kleine Kostbarkeiten, die bereits in der Volksheilkunde geschätzt wurden.
Weißdorn tritt in zwei natürlichen Varianten auf: eingriffelige und zweigriffelige. Während die eingriffelige Art einen sogenannten „Griffel“ – ein gelber Stil, welcher in der Mitte der Blüte sitzt und die Narbe trägt = weibliche Teil der Blüte – und nur einen Kern in der Frucht trägt, enthält die zweigriffelige Sorte zwei bis drei Griffel und bildet zwei bis drei Kerne aus. Der zweigriffelige blüht in der Regel etwa zwei Wochen früher. Auch das Blattwerk unterscheidet sich: Die Blätter des eingriffeligen Weißdorns sind meist tiefer eingeschnitten, während die des zweigriffeligen eine eher rautenförmige und gesägte Struktur zeigen.
Kurz gegenüber gestellt:
eingriffeliger Weißdorn zweigriffeliger Weißdorn
Blüte: 1 Griffel 2-3 Griffel
Frucht 1 Steinkern 2-3 Steinkerne
Blätter tief eingeschnitten kaum unterteilt
An der Spitze etwas gezähnt meist breit und abgerundet
Im Herbst gelb-orange od. dunkelrot gelb-orange
Eingriffeliger Weißdorn, (Crataegus monogyna) Zweigriffeliger Weißdorn,
Johann Georg Sturm grataegus leavigata) Johann Georg Sturm
Gesammelt werden vor allem die Blüten im Frühjahr, während die Blätter sowohl in der Heilkunde als auch in der Küche genutzt werden können – letztere sogar ganzjährig. Im Herbst werden schließlich die reifen Früchte geerntet.
Die Wirkung des Weißdorns entsteht durch das fein abgestimmte Zusammenspiel vieler verschiedener Inhaltsstoffe – nicht durch einen einzelnen Wirkstoff. Besonders hervorzuheben sind Flavonoide, Procyanidine und Triterpensäuren. Diese natürlichen Verbindungen wirken herzstärkend, verbessern die Durchblutung und können zudem blutdrucksenkend wirken, insbesondere bei leichtem bis mäßigem Bluthochdruck. In der Pflanzenheilkunde wird Weißdorn daher seit Jahrhunderten zur Unterstützung des Herz-Kreislauf-Systems geschätzt. Seine Anwendung kann helfen, die Herzleistung zu stabilisieren und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern.
Die Wirksamkeit von Weißdornprodukten wurde auch von der Kommission E bestätigt. Wissenschaftlich anerkannt ist die Verwendung bei leichter Herzinsuffizienz, altersbedingter Herzschwäche sowie bei funktionellen Beschwerden wie Druck- und Beklemmungsgefühlen in der Herzgegend. Traditionell gilt der Weißdorn zudem als seelisches Herzmittel. In Phasen der Trauer kann er helfen, emotionale Belastungen zu mildern, das Herz zu beruhigen und sanft durch den Trauerprozess zu begleiten. Auch symbolisch steht der Weißdorn für Schutz und Stärke des Herzens – sowohl auf körperlicher als auch auf seelischer Ebene.
Zur Anwendung kommen meist die Blätter und Blüten – als Tee oder in Form von Tinkturen. Die beruhigenden Eigenschaften der Blüten werden besonders geschätzt, während die Früchte im Herbst zu Tee oder Pulver verarbeitet werden und in der Volksmedizin ebenfalls Verwendung finden.
Weißdorn ist sehr gut verträglich, Nebenwirkungen sind kaum bekannt. Allerdings ist er kein Ersatz für schulmedizinische Herzmedikamente bei ernsten Erkrankungen, sondern sollte stets nur unterstützend eingesetzt werden. Eine langfristige Anwendung ist empfehlenswert, da die Wirkung langsam und kontinuierlich einsetzt – meist erst nach mehreren Wochen. Bei akuten Herzinfarkten oder schweren Herzrhythmusstörungen ist eine medizinische Betreuung unerlässlich.
Früher war der Weißdorn ein geschätzter Heckenstrauch, da seine Dornen nicht nur Grundstücke vor Wildtieren schützten, sondern auch Menschen symbolisch und praktisch Schutz boten. Oft wurde er als sogenannte Dornröschenhecke angepflanzt. Für viele Vogelarten bietet der dicht verzweigte Strauch heute noch einen sicheren Nistplatz. Auch für Insekten ist er eine wichtige Nahrungsquelle, denn seine Blüten liefern reichlich Pollen und Nektar.
Ökologisch gesehen nimmt der Weißdorn eine herausragende Rolle in der Natur ein. Seine Blüten zählen zu den wichtigsten Bienenweiden im Frühjahr – sie ziehen Honig- und Wildbienen ebenso an wie Schwebfliegen, Käfer und Falter. Die lang anhaltende Blütezeit sichert früh im Jahr ein verlässliches Nahrungsangebot für bestäubende Insekten. Auch seine dichten Verzweigungen und die stachelige Struktur machen ihn zu einem idealen Schutz- und Lebensraum für Vögel, Kleintiere und zahlreiche Insekten. Im Herbst dienen die vitaminreichen Früchte als wertvolle Futterquelle für Drosseln, Amseln und andere Strauchbewohner.
Das Holz des Weißdorns ist außergewöhnlich hart und wurde früher gern zur Herstellung von Spazierstöcken verwendet. Diese galten als Schutzstäbe, denen eine abwehrende Kraft gegen das Böse zugeschrieben wurde.
Symbolik & Überlieferungen
Ich habe einmal im Fernsehen einen Bericht über Irland gesehen und dabei erfahren, dass in Irland der Weißdorn als „heiliger Feenbaum“ gilt. Wer an ihm vorbeigeht, bindet manchmal bunte Bänder an seine Äste – als stille Geste des Respekts oder verbunden mit einem Wunsch. Denn es heißt, in seinem dornigen Geäst wohnen die „Sídhe“, die alten Naturgeister. Solche Bäume dürfen nicht gefällt oder verletzt werden – sie stehen unter dem Schutz der Anderswelt.
Die Fee, die in dem Strauche wohnt,
trägt früh erst weiß und später rot
zur Erklärung : Der Weißdorn heißt im Volksmund auch „Feenbirne“. Er blüht im Frühjahr weiß und im Herbst trägt er rote Beere (von Dr. Markus Strauß)
Wenn Menschen an einem alten, alleinstehenden Weißdorn vorbeigehen – etwa auf einem Hügel, an einer Quelle oder einem alten Weg –, bleiben sie oft einen Moment stehen. Es werden bunte Bänder, Stoffstreifen, Wunschbänder oder kleine Talismane an die Äste gebunden um:
· einen Wunsch zu äußern
· Dank zu zeigen
· Schutz für sich oder Angehörige zu erbitten
· die Feen zu ehren und in Frieden zu lassen
Diese Bäume nennt man auch „rag trees“ oder „clootie trees“. In der Nähe heiliger Quellen (sogenannter „Holy Wells“) sind sie besonders verbreitet. Die bunten Bänder wehen im Wind – ein sehr berührender Anblick, vor allem, wenn man weiß, dass sie aus stillen Bitten, Hoffnungen oder Erinnerungen bestehen.
Glaube und Respekt – bis heute
Viele Iren und Schotten – selbst, wenn sie sonst nicht besonders abergläubisch sind – meiden es, einen Weißdorn zu beschädigen.
Es heißt: Wer einen Feenbaum fällt, bringt großes Unglück über sich oder seine Familie.
Es gibt sogar Bauprojekte (z. B. Straßen oder Windparks), die extra um einen alten Weißdornbaum herumgeplant wurden – aus Respekt vor dem Volksglauben.
Christliche Überlieferungen
In der christlichen Legende heißt es, die Dornenkrone Jesu sei aus Weißdorn gefertigt worden. Aufgrund dieser Verbindung galt der Strauch als heiliger Baum, der mit Schmerz, Opfer und Erlösung in Verbindung gebracht wurde.
Eine bekannte Sage berichtet von Joseph von Arimathäa, der nach Britannien kam und seinen Stab – aus Weißdornholz – in die Erde steckte. Dieser soll dort ausgeschlagen haben und jährlich zu Weihnachten geblüht haben: der sogenannte Glastonbury-Dorn, ein Symbol für das Wunder der Geburt Christi.
Der Weißdorn wird auch als Pflanze des „Herzens“ betrachtet – sowohl auf körperlicher, emotionaler als auch spiritueller Ebene.
Im Mittelalter empfahl man ihn bei „Herzweh“ – ein Ausdruck, der sowohl körperliche Leiden als auch Kummer oder Liebeskummer bezeichnete.
Aber auch mit Liebesgefühlen, Unschuld und Frühlingserwachen wird er in Verbindung gebracht. Oft wurden Mai-Kränze oder Hochzeitssträuße mit Weißdornblüten geschmückt.
Quellverzeichnis:
Dr. Markus Strauß
Franca-Bauer.de – Pflanzenbetrachtung: Der Weißdorn
Ursel Bühring – alles über Heilpflanzen
Lehrbuch Heilpflanzenkunde
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