"Strauch der Gegensätze" - der Holunder
Magischer Holunder - seine G'schichten & Sagen
Ich glaube über den Holunder könnte man ein ganzes Buch schreiben. Er ist nicht ohne Grund unsere Heilpflanze 2024! Es sind die Gegensätze, welche mich am Holunder so faszinieren.
Auf der einen Seite diese zarten, filigranen weißen Blüten und auf der anderen Seite diese tief violett-schwarzen Beeren.Einerseits ist der Busch leicht giftig - andererseits heilt er.
Wenn du die Rinde nach unten abschabst wirkt sie abführend, schabst du sie jedoch von unten nach oben ab dann verursacht sie Brechreiz.
Mythen, Legenden & ein wenig Märchen
Der Holunder hat total viele Namen – wir sagen Holler, Flieder oder Fliederbusch, Holder und sogar Elder (kennt man spätestens seit Harry Potter).
Der Name Holler wird oft mit der Göttin Holla oder Holda in Verbindung gebracht, die im Holunderbaum lebte. Sie wurde durch das Märchen der Gebrüder Grimm als "Frau Holle" bekannt und war schon immer mit dem Holunder verbunden.
Der Kontrast, der in diesem Märchen dargestellt wird, ist von tiefer Bedeutung. Die weißen Schneeflocken, die leicht und zart wirbeln, erinnern an die Reinheit und Unschuld der Natur. Sie repräsentieren den Fleiß und das Gute, das in der Welt existiert. Im Kontrast dazu stehen die schwarzen Beeren, die wie Teer wirken und Faulheit und dunkles symbolisieren.
In dem berühmten Märchen steigen die Schwestern durch den Brunnen zu Frau Holle hinab. In früheren Zeiten wurde ein Brunnen als Portal zur Anderswelt betrachtet, wo man annahm, dass die Seelen der Verstorbenen aufstiegen. So Stand Holla und der Holunderbaum in vielen Kulturen als Symbol für Leben und Tod, für Vergänglichkeit und Wiedergeburt.
Der Busch wurde verehrt als Tor zur Anderswelt. - die einen kommen, die anderen gehen - verdeutlichte dass der Tod und die Neugeburt untrennbar miteinander verbunden waren. So wurde der Holunder nicht nur als Baum des Lebens verehrt, sondern auch als Hüter der Schwelle zwischen den Welten,.
Zur Beschwichtigung der Muttergöttin wurden dem Strauch kleine Gaben dargebracht, wie das Verstecken von Eiern und Käse unter dem Busch oder das Begießen der Wurzeln mit Milch. Es wurde angenommen, dass dies dazu beitragen würde, die Fruchtbarkeit durch Frau Holle zu fördern - was sich auch im Spruch
"die Kinder vom Hollerbaum schütteln"
widerspiegelt.
Die weißen Holunderblüten symbolisieren auch das freundliche Wesen der Naturgöttin, die über die Menschen wacht. Es wird gesagt, dass sie im Hollerbusch verweilt, weshalb dieser sehr respektiert wird.
In vergangenen Zeiten glaubten unsere Vorfahren fest daran, dass der Busch Schutz vor Gefahren und Blitzeinschlägen für Haus, Hof, Tiere und Menschen bietet, und gleichzeitig Nahrung und Heilmittel liefert. Trotz seiner schmackhaften und heilenden Eigenschaften ist er jedoch auch giftig, was die Gegensätze deutlich macht.
Die Legende besagt, dass die Göttin des Hollerbusches eine Verbindung zur Natur hat, die tiefgreifend und mächtig ist. Ihre Anwesenheit wird als beruhigend und schützend empfunden, und die Menschen suchen in Zeiten der Not ihre Zuflucht bei ihr. Der Hollerbusch gilt daher nicht nur als physischer Schutz, sondern auch als spirituelle Quelle der Stärke und Heilung. Es wird angenommen, dass die Blätter des Busches magische Kräfte besitzen und in Heiltränken verwendet werden können, um Krankheiten zu heilen und das Wohlbefinden zu fördern. Die Beziehung zwischen der Göttin und dem Hollerbusch ist tief verwurzelt in den Überzeugungen und Bräuchen der Menschen, die seit Generationen weitergegeben werden.
Die Menschen nutzten den Holunder, um Krankheiten und Unglück loszuwerden. Zum Beispiel, wenn jemand Fieber hatte, ging er bei abnehmendem Mond zu einem Holunderbaum, band einen Bindfaden darum und sagte: "Guten Morgen, Herr Flieder, ich übergebe dir mein Fieber, binde es fest und gehe nun in Gottes Namen davon." (Flieder war ein alter Name für den Holunder)
Alternativ ritzte man den Stamm an oder bohrte ein kleines Loch, um ein Stück "Krankheit" einzuführen – beispielsweise bei Lungenproblemen mit starkem Auswurf gab man etwas von diesem Sekret in die Ritze des Stammes.
Bei Zahnschmerzen sollte man auf einem Holler-Zweig herumkauen, den Ast dann in eine Mauer stecken und dreimal "weiche du böser Geist" sagen.
Gegen Rheuma trug man einen dreimal verknoteten Ast bei sich.
Und um sich vor den bösen Geistern zu schützen, trugen Totengräber gerne Holunder-Holz bei sich. Man legte auch Holunderäste mit den Toten ins Grab, damit sie den Weg in die Anderswelt finden konnten. Ein Holunderzweig wurde auf dem Grab gepflanzt, und das Austreiben neuer Triebe galt als Zeichen, dass der Verstorbene im Totenreich angekommen war. Da der Holunder den Zugang zu den Verstorbenen ermöglichte, konnte man in Zeiten der Sorge die Verstorbenen um Rat beim Holunderbusch bitten.
Die tiefe Verbundenheit der Menschen mit dem Holunder zeigt sich darin, wie sehr sie ihm vertrauten, ihn schätzten und respektierten. Daher galt es als schweres Vergehen, einen Holunderbusch zu fällen oder zu verletzen, da dies großes Unglück über die Familie und das Dorf bringen würde.
Das drückt auch folgender Spruch aus der alten Zeit aus:
„Willst du aus dem Leben scheiden, tust du den Holunder schneiden“
Nur Menschen, die große Not erlitten haben, wie Witwen oder Waisen, durften das Holz ohne negative Folgen nutzen - das war die einzige Ausnahme.
Bis zum 19. Jahrhundert grüßten die Menschen den Holunderstrauch, indem sie ihren Hut abnahmen, wenn sie vorbeigingen.
Quellverzeichnis:
Videos, Bücher und Geschichten von Birgit Straka, Eunike Grahofer, Ruby Nagel und Hanni Schmotz-Schöpfer.